Ein hochkomplexes System

Im Projekt Lichtwiesenbahn gibt es viele spannende und technisch anspruchsvolle Aspekte, die in der Außenwahrnehmung des Baugeschehens oft leider etwas untergehen. In der Vergangenheit haben wir bereits die Kompensationsleitung als ein besonderes Beispiel vorgestellt. Auch das Oberbausystem im Gleisdreieck Nieder-Ramstädter Straße, ein sogenanntes leichtes Masse-Feder-System, wurde bereits erläutert. Alle diese Maßnahmen sind dazu gedacht, mögliche Betroffenheit durch die neue Straßenbahnanbindung für die Anlieger so gering wie möglich zu halten.

Auf dem Campus der TU, zwischen den Gebäuden der Bauingenieure und der Mensa, ergab sich für die Planung die besondere Herausforderung, dass die Gleisanlage verhältnismäßig nahe an die Gebäude heranrückt. Das ist in diesem Fall besonders knifflig, da die Forschungseinrichtungen teilweise mit hochsensiblen Geräten arbeiten, die bereits auf geringste Einflüsse von außen reagieren, was sich dann in den Versuchsergebnissen niederschlagen kann. Aus diesem Grund wurde im Zuge des Planfeststellungsverfahren die Planung in diesem Bereich angepasst und für diese Strecke von knapp 200 Metern ein spezielles Masse-Feder-System vorgesehen. Das Grundprinzip dieses Oberbausystems ist einfach: Die Gleisanlage wird in einer Art Trog errichtet, auf elastischen Matten aufgelagert und so von der Umgebung entkoppelt. Dadurch werden die Schwingungen, die durch die Straßenbahnen entstehen, nicht an die umliegenden Gebäude weitergegeben.

Im Februar dieses Jahreswurde der Bereich ausgekoffert und für den Bau vorbereitet.

Allerdings ist die Ausführung für diesen Abschnitt der Trasse deutlich komplexer und herausfordernder als an anderen Orten unseres Straßenbahnnetzes wie beispielsweise an der Nieder-Ramstädter Straße oder an der Alsfelder Straße. Zunächst muss das System wegen der hochsensiblen Forschungsinstrumente deutlich stärker die Frequenzen reduzieren als beispielsweise am Gleisdreieck. Vorgabe war es, dass das Oberbausystem eine Eigenfrequenz von lediglich 8 Hz aufweisen darf. Des Weiteren schlängelt sich die Trasse an dieser Stelle zwischen den Gebäuden der Bauingenieure und der Mensa durch, was dazu führt, dass hohe Kräfte auf das System wirken, die berücksichtigt werden müssen.

Die Ausführungsplanung für dieses System begann zeitgleich mit den eigentlichen Bauarbeiten. In intensiven und langen Planungsbesprechungen wurden die Schwierigkeiten erörtert und mit den Prüfingenieuren sowie der technischen Aufsichtsbehörde abgestimmt. Das Ergebnis ist ein hochkomplexes System, dass für den Straßenbahnbetrieb in Darmstadt in der Form einzigartig ist. Aber auch Deutschland weit gibt es nur wenige Masse-Feder-System die vergleichbar sind. Auf dem Campus wird ein schwimmendes System mit Fugenbereichen gebaut. Vereinfacht gesagt handelt es sich um mehrere aufgelagerte Betonplatten, die durch Fugenbereiche miteinander verbunden sind. Im Gleisdreieck an der Nieder-Ramstädter Straße ist es dagegen ein monolithisches System, das aus zwei flächig gelagerten Betonplatten besteht.

Im März dieses Jahres waren die Unterlagen soweit finalisiert und freigegeben, dass mit dem Bau begonnen werden konnte. Die verschiedenen Schichten des Systems wurden eingebaut und mit der Eindeckung der Oberflächen (Asphalt bzw. Sedum) vor wenigen Wochen abgeschlossen. Damit ist einer der wichtigsten Meilensteine fertig gestellt, der einen reibungslosen Straßenbahnbetrieb direkt neben den Forschungsbereichen sicherstellen wird. In den kommenden Wochen stehen jetzt nur noch kleinere Restarbeiten an und dann kann es mit den Schulungsfahrten losgehen.

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