Sandböden und Odenwaldgesteine sind eine Herausforderung

Die Baustelle für die neue Straßenanbindung des TU-Campus Lichtwiese ist ein vielfältiges Projekt. Am Bau der Lichtwiesenbahn sind viele Fachleute und unterschiedliche Gewerke beteiligt. Wir stellen Ihnen auf unserem Blog die Menschen vor, die an der Umsetzung beteiligt sind. Diese Woche haben wir uns mit Ramona Kusch von der Arcadis Germany GmbH aus Darmstadt unterhalten, die bei den Bauarbeiten für die geotechnische Fachbauüberwachung zuständig ist.

Können Sie sich kurz vorstellen?
Mein Name ist Ramona Kusch. Ich habe an der TU Darmstadt Angewandte Geowissenschaften studiert und mit dem Bachelor und anschließend mit dem Master abgeschlossen. Bereits während des Studiums habe ich bei der Arcadis Germany GmbH als Werkstudentin gearbeitet. Nach dem Studium ging es dann für mich nahtlos als Projektingenieurin bei Arcadis weiter. Seit diesem Jahr bin ich Projektleiterin und betreue in dieser Funktion u.a. das Projekt Lichtwiesenbahn.

Ramona Kusch begleitet die Bauarbeiten an der Lichtwiese als Geotechnikerin

Was bietet Ihr Unternehmen allgemein?
Arcadis erbringt mit weltweit 28.000 Mitarbeiter*innen für seine Kunden Planungs- und Beratungsleistungen in den Geschäftsfeldern Immobilien, Umwelt, Infrastruktur und Wasser. Die Arcadis Germany GmbH hat ihren Hauptsitz in Darmstadt am Europaplatz, wo sich auch mein Büro befindet.

Was gehört zu Ihren Aufgaben als Geotechnikerin?
Im Wesentlichen kümmere ich mich als Geotechnikerin um die Baugrunderkundung und Gründungsberatung im Vorfeld eines Bauvorhabens, seien es Straßen, Straßenbahnen, Industriebau oder Wohnungsbau. Das heißt ich plane, organisiere und betreue Baugrunderkundungen, führe die Bodenansprache/Bohrkernaufnahme durch. Nach Vorlage aller Ergebnisse aus der Bodenansprache und den bodenmechanischen Laborversuchen werte ich diese aus und erstelle das Baugrundgutachten mit der Gründungsberatung. Je nach Projekt sind auch Setzungs- und Standsicherheitsberechnungen erforderlich. Meine Kollegen und ich sind aber auch während der Bauphase als Fachbauüberwachung tätig.

Wie kann man sich als Laie Ihren Alltag vorstellen, sind Sie nur auf Baustellen zu finden?
Nein, zu meinem Berufsalltag gehört auch die Arbeit am Schreibtisch, also z.B. die Planung von Erkundungsmaßnahmen, das Schreiben von Gutachten, durchführen geotechnischer Berechnungen (Standsicherheitsnachweise, Setzungsberechnungen). An sich ist die Mischung aus einerseits vor Ort sein, sei es auf der „grünen Wiese“ oder auf der Baustelle, und Büroarbeit, also wenn die eigentliche Baumaßnahme zunächst nur als Planung existiert, recht ausgewogen. Natürlich sind aber auch immer wieder Phasen dabei, in denen die Schreibtischarbeit überwiegt und andere, in denen ich hauptsächlich draußen im Feld oder auf Baustellen unterwegs bin.

Teil der geotechnischen Baubegleitung ist beispielsweise auch die Entwicklung von Arbeitsanweisungen für die Baugrundverbesserung wie das Rüttelstopfverfahren an den Standorten der Fahrleitungsmaste

Warum benötigen wir für den Bau einer Straßenbahn überhaupt eine geotechnische Baubegleitung?
Bei der Lichtwiesenbahn sind wir für die geotechnische Fachbauüberwachung zuständig – also alles was mit dem Baugrund oder Erdbaustoffen (herstellen und verdichten des Planums, Aufbau der Schottertragschicht) zu tu hat. Wir prüfen und überwachen in dieser Funktion die Arbeit der Baufirma, stimmen die Ergebnisse mit dem geotechnischen Prüfer ab und beraten die Projektpartner bei geotechnischen Fragestellungen. Wir sind u.a. dafür zuständig, zusätzlich zur Eigenüberwachung durch die Baufirma, die vorgegebene, zu erreichende Verdichtung und Tragfähigkeit der einzelnen Schichten des Straßenbahnkörpers – also des Erdplanums und der Schottertragschichten – zu kontrollieren. Die einzuhaltenden Anforderungen an die genannten Schichten und die erforderlichen Prüfungen sowie deren Anzahl wurden von uns in einem Qualitätssicherungsplan aufgestellt.

Welche besonderen geotechnischen Herausforderungen gibt es bei der Lichtwiesenbahn?
Die für Darmstadt typischen Sandböden, welche locker gelagert sind und vor dem Bau der Straßenbahn bzw. bevor der Schotter im Bereich der späteren Straßenbahntrasse eingebaut werden kann, müssen zuerst ausreichend verdichtet werden, bevor die Schottertragschichten aufgebaut werden können. Dies ist gar nicht so einfach. Im Bereich des Gleisdreiecks wurden wiederum stellenweise bindige Böden, also Schluff-/Tonböden angetroffen, die zunächst ausgetauscht werden mussten, da sich diese nicht verdichten lassen und sich das Schottermaterial hier nur reindrückt. Man kann sich diese Böden wie Knete vorstellen.
Weiterhin müssen auch die Fahrleitungsmaste in den genannten Sandböden sicher gegründet werden. Hierzu haben wir vorab die Lagerung der Sande an den einzelnen Maststandorten überprüft, damit der Bauherr und die Baufirma weiß, wo wie geplant gegründet werden kann und wo der Baugrund zuvor verbessert werden muss. Dabei haben wir festgestellt, dass im Bereich der späteren Wendeschleife die Gesteine des Odenwalds bzw. genauer gesagt deren Verwitterungsprodukte recht nah unter der Geländeoberfläche anstehen. Diese sind sehr kompakt (dicht gelagert), also genau das Gegenteil der sonst im Baufeld überwiegend vorkommenden Sande. Dies ist zwar gut für die Standsicherheit der Gründungen, bedeutet aber eine Herausforderung beim Einbringen der Gründungsrohre bis auf die erforderliche Tiefe.

Vielen Dank für das Gespräch!

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